Bereits im Spätsommer 2011 stand die Idee im Raum eine Tauchreise zum Sinai zu organisieren, ähnlich wie sie zuletzt im Mai 2006 stattgefunden hatte. Damals wie dieses mal waren Ghassan und Günter die Initiatoren. Auf dem Tauchfest im November wurde dann abgeklopft, wer definitiv Interesse hat, mit zu gehen.
Das Ghassan´s Sohn Kariem und die Sa(ar)bine dabei sein würden, war schnell klar. Ebenso Thorsten und Edyta. Rudi und Kathy sagten erst mal unter Vorbehalt zu. Sie waren dann aber auch dabei. Beim belgischen Rudi war lange nicht klar, ob er mitkäme. Leider hat das nicht geklappt, schade.
Als das achtköpfige Expeditionsteam dann feststand, hat Ghassan (genannt: Abu Kariem) dankenswerter Weise die Organisation in die Hand genommen. Da Arabisch seine Muttersprache ist und er mit Umbi´s Sharksbay ein gutes Verhältnis hat, ist er recht bald in die Preisverhandlungen eingestiegen und hat - wie könnte es bei einem Araber anders sein - einen guten Preis für uns erzielt.
Alles in allem belief sich die Kalkulation für 6 Tage(+5Nächte) auf See mit je 3-4 Tauchgängen und zwei Übernachtungen im Hotel (bei An- und Abreise) auf ca. 500,- €/Pers. Dazu kamen dann noch zwei Abendessen und das abendliche "Deko-Bier" auf dem Schiff (wobei die 0,5 Liter-Dose "Sakara" ca. 2,50 € kostet und 2 Dosen je Abend und Nase gebunkert wurden).
Schön war, dass wir ein Boot exklusiv nur für uns hatten buchen können.
Der Flug Frankfurt - Sharm el Sheikh und retour war auch schnell gefunden: für 378,- € pro Nase hat das die Firma Condor übernommen. Mit den Flugdaten stand nun auch der Reisetermin endgültig fest: 22.3.2012 bis 29.3.2012.
Zur Sicherheit haben wir dann auch noch eine Reiserücktrittversicherung abgeschlossen, die jedoch - glücklicher Weise- niemand in Anspruch nehmen musste, obwohl Zahnbehandlungen und entzündete Stirnhöhlen zeitweise Anderes befürchten ließen...
Bis zur Abreise wurde die Vorfreude immer größer. Am Ende kursierten sogar Excel-Packlisten, damit auch nur ja nichts vergessen wurde.
Die Nacht war für die meisten früh zu ende, zumal mit Rudi ausgemacht war, dass er um 7:30 Uhr in Bensheim eingesammelt wird. Das hat auch geklappt, aber auf der zweiten Etappe zum Flughafen musste dann der Konvoi aus drei PKW einen "Boxenstopp" einlegen. Die Aufregung und der Kaffee am frühen Morgen waren zu viel für die eine oder andere Blase...
Die Autos wurden in einem Parkhaus außerhalb des Flughafen-Geländes geparkt und ein Shuttle-Bus brachte uns zum Terminal. Hier kam dann die Erkenntnis, dass die CONDOR auch immer knauseriger wird: jedes Kilo Übergepäck kostet mittlerweile 10€ extra. Schwupps war die Reisekasse mit 70€ zusätzlich belastet (hier sind die Excel-Listen noch verbesserungswürdig). Früher gab´s mal 10kg Tauchgepäck für umme... Tja, dass ist wohl vorbei.
Dann haben wir den Fehler gemacht, in Terminal 1 C zuerst durch die Sicherheitskontrolle zu gehen und erst dann nach einem Kaffee zu suchen. Das endete in einer ausgedehnten Wanderung zwischen den Abflugbereichen C und B an deren Ende wir zwar einige Kioske sehen konnten. Eine dicke Glasscheibe und der Aufruf zum Boarding zwangen uns aber zur Umkehr - ohne Kaffee!
Der viereinhalb-stündige Flug verlief recht angenehm und wer einen Fensterplatz hatte, konnte die wolkenfreien Alpen, die kroatische Küste, Albanien, Santorin, Kreta, Alexandria und die Pyramiden entdecken. Das war fast so spannend wie das Entertainment an Bord und die gelispelten Sicherheitshinweise. Nach dem Suez-Kanal war dann schon sichtbar, dass es auf dem Sinai diesig und windig sein würde, bei nicht allzu warmen Temperaturen.
Der Transfer vom Airport Sharm el Sheikh nach Sharksbay funktionierte auch einwandfrei, wobei man das kurze Stück auch fast hätte laufen können.
Es folgte das Einchecken und Beziehen der Zimmer. Da das Hotel wie ein Schwalbennest an die alte 20m hohe Felskante gebaut ist und die Zimmer nur über steile Treppen zu erreichen sind, waren die freundlichen Gepäckträger sehr hilfreich um das schwere Tauchgepäck zum umpacken auf´s Zimmer zu tragen.
Den Abend verbrachten wir - nach einer kleinen Ortsbegehung - in dem angegliederten hervorragenden Fischrestaurant (der gegrillte "Sharksbay-Fish" ist absolut empfehlenswert!) und der beduinenmäßig eingerichteten Shisha-Bar.
Ab 7:00 Uhr gibt´s bei Umbi meist ein sehr reichhaltiges Frühstück. Frischer Saft und Ei in allen Variationen gehört immer dazu.
Um 8:00 Uhr trafen wir an der Tauchbasis unseren Guide und Expeditionsleiter "Ghandi" (er war mal in Indien, ist aber Ägypter). Endlich konnten wir an Bord gehen, wo es zunächst mal eine umfangreiche Einweisung in das Schiff gab und die Kabinen vergeben wurden.
Die Freedom8 aus der Umbi-Flotte hat drei Doppelkabinen mit Bad+WC und zwei Einzelkabinen, die sich ein Bad teilen. Außerdem gab´s einen großzügigen Aufenthalts- und Essbereich, in dem auch die Mahlzeiten gereicht wurden. Die Verpflegung an Bord war, dank dem "Smutje" (Schiffskoch) Osama hervorragend! Angeblich hatten wir mit ihm den besten Koch, der im südlichen Sinai zu bekommen ist (hat Sigi gesagt und die muss es ja wissen, da sie für Umbi im Marketing arbeitet). Zur Besatzung gehörten auch noch Sayed, der Kapitän, Ibrahim (der Zodiak-Skipper) und Singer, die beiden guten Geister die stets mit hilfreichen Händen zugegen waren, wenn sie benötigt wurden.
Wichtig ist die Einteilung in Nass- und Trockenzone und dass man/frau seeeeehr vooorsichtig mit nassen Füßen auf dem glatten lackierten Holzboden sein muss. Andernfalls erlebt frau ihr blaues Wunder in Gestalt gleichfarbiger Flecken am ganzen hinteren Körper. Gewöhnungsbedürftig waren auch die Verriegelungen der Türgriffe (gell, Sabine?) und dass die Toilettenspülung mit einer Handpumpe zu betätigen war (Hää? watt is dat denn?).
Während das Boot auslief legten alle ihre Tauchausrüstung zurecht. Endlich ging´s los! Aber bereits nach hundert Metern stoppte Sayed schon wieder die Motoren. Checkdive im Hausriff! Der erste Tauchgang wird quasi vor der Haustür der Basis gemacht, damit im Bedarfsfall noch Ausrüstung geholt werden kann. Auch die erforderliche Bleimenge kann hier ermittelt werden und ob das Tarieren denn auch richtig klappt. Später, bei den Strömungs-Tauchgängen vom Zodiak (Schlauchboot) aus, musste das 100% passen! Für die Hälfte des Teams war dies schließlich der erste TG im Roten Meer und der Salzgehalt des Wassers (=Auftrieb) ist hier höher als in allen anderen Meeren.
Nachdem der "Hausherr" im Riff - ein kapitaler Napoleonfisch - uns zu seiner Zufriedenheit gemustert hatte, konnte die Freedom 8 endlich in Richtung Südwesten auslaufen. Es ging um das Ras Mohammed (die Südspitze der Sinai-Halbinsel) herum bis zu der Stelle, wo ein britisches Frachtschiff am 22. April 1876 gegen das Riff fuhr und sank; die Dunraven.
An dieser Stelle steht mittlerweile ein Leuchtfeuer in flachem, windstillen Gewässer direkt an der Riffkante. Ein idealer Ankerplatz für einen Strömungstauchgang am Nachmittag an der Riffkante entlang bis zum Wrack. Hier konnten "Torpedotaucher" und Neulinge zeigen, ob sie die Tarierung beherrschten. Es gab auch schöne Stein- und Krokodilfische zu bestaunen.
Der angrenzende strömungsfreie Flachwasserbereich war später dann ein guter Platz für den ersten Nachttauchgang, bei dem es viele jagende Rotfeuerfische zu entdecken gab. Genauer gesagt musste man fast aufpassen, dass man ihnen ausweichen konnte weil es so viele waren. Die schönen giftigen Tiere werden von Scheinwerferlicht regelrecht angezogen, weil es ihnen die Jagd sehr einfach macht, wenn die Beutetiere angeleuchtet werden.
Nach dem reichhaltigen, super leckeren Abendessen und den drei Tauchgängen des ersten Tages hatte niemand mehr so rechte Lust auf ein Dekobier. Alle wollten nur noch zeitig ins Bett und hofften, dass dieses nicht zu arg schaukeln würde.
Um 7:00 Uhr ging ein Ruf durch´s Schiff. Nein, nicht der Muezzin sondern der Weckruf des Tauchguide: "Briefing!" Die Nacht war viel zu kurz! Schon wieder tauchen???
Der erste TG des Tages sollte in das Wrack der Dunraven hinein gehen. In das dunkle Innere bis zu der großen Dampfmaschine. Auch dieser Tauchgang wurde von einem kritischen Napoleon beäugt, der mit unserer Tarierung noch nicht ganz zufrieden war. Dann ging es an der Schiffsschraube vorbei zu dem oben liegenden Kiel und zurück zum Riff, wo viele Clown- und Anemonenfische (findet Nemo) zu sehen waren. Dann gab´s endlich Frühstück!
Es folgten zwei weitere Tauchgänge an schönen Korallenriffen, bei denen das Zodiak zum Einsatz kam. Das Aus- und - vor allem- das wieder Einsteigen ins Schlauchboot mit Tauchausrüstung will geübt sein... 8 nasse Taucher mit Ausrüstung, die sich Kreuz und Quer in einem winzigen Schlauchboot stapeln... Elegant ist anders!
Aber Small Crack und Shag Rock sind Riffe mit wunderschönen Korallen und einer unbeschreiblichen Artenvielfalt. Außer "Welsen" gab es hier fast alles zu sehen Schade nur, dass wir das Fischbestimmungsbuch nicht dabei hatten. Das hat, allen Packlisten zum trotz, irgend jemand vergessen einzupacken... Nach dem opulenten, viel zu guten Abendessen ist niemand mehr in der Lage, sich zu einem Nachttauchgang aufzuraffen.
Stattdessen gibt´s Deko-Bier!
Um 6:00 Uhr erzittern alle Kojen durch das Starten der beiden Iveco-Dieselmotoren. Sayed startet in Richtung Norden. Es geht zur Thistlegorm, einem englischen Frachter, der - voll mit kriegswichtigem Material wie LKW, Gewehre, Flugzeugteile, Panzer, Tankwagen, Motorräder, Stiefel etc.- am 6.Oktober 1941 von einem deutschen Bomber im Golf von Suez versenkt wurde. Das wohl berühmteste Wrack im Roten Meer.
5 Minuten nach dem Verlassen unseres Ankerplatzes war jegliche Definition von horizontal und vertikal an Bord unserer Nußschale zunichte. Statt Frühstück für uns gab´s Frühstück für die Fische. Zweieinhalb Stunden lang versuchten Ghandi und die Crew bei welliger See unser Boot an dem Wrack festzumachen. Dann gaben sie auf und kehrten in die ruhige Lagune von Shag Rock zurück. Sicht und Strömung ließen einen TG an der Thistlegorm nicht zu. Statt dessen machten wir einen schönen, gemütlichen TG am Riff und sahen dort Blaupunktrochen, Pyjama-Nacktschnecken und jede Menge Füssilierbarsche. Irgend jemand hat während des Sicherheitsstopp angeblich auch noch einen Hai gesehen...
4 Stunden später kehren wir zu Thistlegorm zurück. Zwischenzeitlich hatte sich die See beruhigt und ein anderes Tauchboot lag bereits am Wrack. Beim Abtauchen sind die vier Teilnehmer, die vor Jahren schon einmal hier waren, überrascht von der klaren Sicht und der geringen Strömung. Viele Makrelen säumten den Weg entlang der Leine, an der wir uns abwärts gleiten ließen. In aller Ruhe konnten wir entlang des Oberdecks um das Wrack der Thistlegorm herum tauchen. Kathy entdeckte unter einer Treppe einen großen Maskenkugelfisch der sich zu einer medizinballgroßen Kugel aufbläht, als er uns sieht. Der fühlte sich wohl etwas bedrängt...
Das abgesprengte Heckteil der Thistlegorm mit der großen Flak-Kanone und die gewaltigen Bronze-Schiffsschrauben waren sehr beeindruckend. Auch die beiden Eisenbahn-Tankwagen, die immer noch an Ort und Stelle auf dem Deck vertäut sind, waren gewaltig. Vom Bug aus ging es dann zurück zu der Leine, mit der unser Boot befestigt war. Der obligatorische Sicherheitsstopp auf 5m, wo alle auf einem Haufen und in einem heftigen Blasenschwall die drei Minuten abwarten müssen, gestaltet sich mitten im Blau recht langweilig.
Nach dem Mittagessen, zwischenzeitlich hatte sich die See soweit beruhigt, dass die Teller still auf dem Tisch stehen blieben, folgte ein zweiter Tauchgang. Diesmal ging es in die oberen Laderäume der Thistlegorm hinein. Dicht an dicht stehen die Überreste der LKWs auf deren Ladeflächen jeweils mehrere Reihen verrosteter BSA-Motorräder zu erkennen sind. Alle abstehenden oder losen Teile sind jedoch schon von Souvenir-Jägern geplündert worden. Außerdem drohen einige der Ladedecks durch das eigene, und durch das Gewicht der Eisenbahnwaggons zusammenzubrechen. Auf dem oberen Deck fanden sich auch wieder einige Krokodilfische und als wir dann schließlich bei zunehmender Strömung wieder an der Leine unserem Sicherheitsstopp entgegen stiegen, konnten wir im trüber werdenden Wasser noch einen großen Zackenbarsch entdecken.
Ein aufregender und anstrengender Tauchtag endete schließlich mit einer langen Diskussion um das mögliche Tauchziel für den nächsten Tag.
Von Beginn der ersten Planungen zu dieser Reise an, war es Ghassans Wunsch und Ziel, das Riff von Abu Nuhas anzulaufen, wo vier spektakuläre Wracks unmittelbar nebeneinander auf Grund liegen. Günny war skeptisch, da dieser Wunsch schon bei früheren Safaris immer wieder mit der Begründung ausgeschlagen wurde, der Wind sei zu stark, die See zu rau oder der Diesel zu knapp. So auch dieses mal... "Man muss sehen, wie das Wetter wird" hieß es von Tag zu Tag.
Ob nun der Skipper tatsächlich um vier Uhr morgens aufgestanden ist, um die Möglichkeit zu einer Passage nach Sha´ab (Riff) Abu Nuhas, das normalerweise eher von Hurghada aus angefahren wird, zu prüfen, sei mal dahingestellt... Jedenfalls starteten "erst" um 6:30Uhr die beiden Dieselmotoren und schoben das Boot in Richtung Süd-Südost vom Ankerplatz weg. Es ging zurück nach Ras Mohammed, der Südspitze der Sinai Halbinsel. Ein sehr dynamischer Strömungstauchgang erwartete uns. Hier an der Südspitze treffen mehrere starke Strömungen zusammen, die sich bei geschickter Planung zu einem Tauchgang um das Sharks- und das Yolanda-Riff kombinieren lassen. Yolanda war ein spanisches Frachtschiff, das Container mit Sanitärartikeln und -porzellan geladen hatte und den BMW des Kapitäns, als es 1980 hier gegen die Küste fuhr und sank. Teile des Schiffs, einige Container und jede Menge Waschbecken und Kloschüsseln liegen in 10-20m Tiefe verstreut. Das eigentliche Wrack ist über die Riffkante in tiefere Regionen abgerutscht.
Durch die Strömung sind viele Nährstoffe im Wasser und demzufolge auch sehr viele Fische und Korallen zu sehen. Und man kann sich, ohne paddeln zu müssen, einfach an dem herrlichen Steilriff vorbei treiben lassen. Eine Artenvielfalt wie in einem übervollen Aquarium tut sich hier auf! Zum Glück ließ die Strömung aber auch das Beobachten von Details noch zu und so konnten wir auch die eine oder andere Nacktschnecke erkennen. Irgendeine lustige Tauchergruppe vor uns hatte sich die Mühe gemacht, einige der Toilettenschüsseln in einem Halbkreis in 6m Tiefe aufzustellen. So konnten wir den Sicherheitsstopp noch zu einem sehr komischen Gruppenfoto nutzen. Ein toller Tauchgang, der den Ärger über die geänderten Pläne schnell vergessen ließ.
Mittags erfolgte ein zweiter Tauchgang im nur wenige hundert Meter entfernten "Jackfisch-Alley". Hier war die Strömung nicht mehr so stark, was sich für den spektakulären Einstieg in einen "Canyon" als sehr vorteilhaft erwies. Die Mittagssonne zauberte sehr beeindruckende Lichteffekte in diese kleine Schlucht und in das Steilriff. Dadurch waren auch eine ganze Reihe größerer Fische zu sehen, die sich nicht so nah an uns heran trauten: etliche Makrelen, ein Schwarm Barrakudas, große Thunfische und wieder ein kapitaler Napoleon. Nach diesem schönen Tauchgang hatten wir uns das hervorragende Mittagessen redlich verdient.
Nach einer ausgiebigen Siesta gab es einen dritten Tauchgang. Dazu fuhren wir ein kurzes Stück nordöstlich zum Ras Ghazlani. Zum munter werden legte Kariem laute Musik auf. Zu den Techno-Klängen "Good Feeling" by AVICII und "Fluch der Karibik" ging das Anrödeln gleich viel besser von der Hand und dann standen acht bereite Taucher am Achterdeck und klatschten im Rythmus der Musik mit den Flossen auf´s Deck.
Ein Bild für die Götter...!
Die Strömung hatte wieder zugenommen und die Sicht wurde schlechter. Außer ein paar recht großen Krokodilfischen war nicht viel zu sehen. Dafür bahnte sich ein Konflikt in einem Buddy-Team an.
Mehrfach schon hatte der Guide "Ghandi" bemängelt, dass bei den Vorbereitungen zum Tauchen nicht ausreichend Buddychecks gemacht würden. Meistens hatten Singer und Ibrahim beim Anreichen der Ausrüstung schon geprüft, ob die Flaschen aufgedreht waren. Anscheinend ist es aber auch nicht jederfraus Sache, den Tauchpartner an sich "rumfingern" zu lassen. Nun ja...
Aber wenn man sich dann auch noch bei einem Strömungstauchgang aus den Augen verliert, kann das unangenehme Folgen haben. Okay, es ist ja nichts passiert; und nach diesem Tauchgang ging es vom Ras Mohammed zurück nach Sharks-Bay, wo wir aber nur einen kurzen Zwischenstopp einlegten, um Frischwasser für die letzten beiden Tage zu bunkern.
Auf der Fahrt begleiteten uns drei Delphine die sich einen Spaß daraus machten, durch unsere Bugwelle zu surfen und so unsere Laune wieder aufzumuntern.
Schließlich ging es zu der Tiran-Insel und den taucherischen Highlights dieser Safari. Unser Boot ankerte in einer flachen Lagune vor der Insel welche eine Engstelle in der Einfahrt zum Golf von Aqaba bildet. Die Lagune bot auch eine schöne Möglichkeit zu einem einfachen Nachttauchgang. Da laut Ghandi, der für diesen Tag keine Lust mehr auf "kaltes" Wasser hatte, unser Kapitän Sayed ohnehin die Tauchguide-Lizenz machen wollte, sollte er den Tauchgang "führen". Mit Shorty und einer Funzel an Tauchlampe stürzte er sich todesmutig ins Wasser. Ghandi rief uns noch hinterher, wir sollten ja auf unseren Skipper acht geben und ihn wieder mit nach oben bringen. Hektisch zappelte er mal hierhin mal dorthin und fuchtelte wild mit seiner Lampe umher. Bald war die Gruppe etwas zerstreut weil niemand mehr so recht wusste, wohin er nun mit seinem Lichtkegel leuchtete. Immerhin hat er es fertig gebracht eine große Schildkröte aufzuschrecken die daraufhin haarscharf an Rudi vorbei flüchtete. Grade noch rechtzeitig konnte Rudi die Anderen auf dieses Highlight des Nachttauchgangs aufmerksam machen. Immer wieder beeindruckend ist auch das biolumineszente Glimmen des Planktons was man erkennt, wenn man mal die Lampen unter Wasser ausschaltet.
Beim wohlverdienten Abendessen kündigte unser (richtiger) Tauchguide für den nächsten Morgen den heiß ersehnten 40m Tauchgang an, der ja für unsere CMAS-**-Schüler Prüfungsvoraussetzung ist. Wir hatten ihn darum gebeten, da es angenehmer und einfacher ist den hier zu machen als in deutschen Baggerseen. Echt nett von Ghandi, der das als PADI-Instruktor eigentlich nicht hätte machen müssen/sollen/dürfen. Dafür gab´s dann einige Dosen Sakara-Bier zum Abschluss des Abends.
7:00 Uhr: " Briefing!!!" Für den Vormittag waren zwei Tauchgänge im Jackson-Reef geplant; einer der beliebtesten Tauchspots weltweit (angeblich). Eigentlich besteht hier keine Notwendigkeit tiefer als 20-25m zu gehen da nur dort das Sonnenlicht noch die Farben der Korallen und Fische zum leuchten bringen kann. An unserer Einstiegsstelle hätte sich auf ca. 60m noch eine Sandstufe befunden für den Notfall, dass jemand tiefer als 40m durchsackt. Ansonsten ist der Golf von Aqaba bis zu 1.700m tief (im Gegensatz zum Golf von Suez, der nur 100-200m tief ist). Und tatsächlich endete für einige der "freie Fall" erst bei 45-50m. "Weiße Eulen" gab es da zwar noch nicht, aber den "Neulingen" war es danach doch schon etwas komisch zumute. Also ging es schnell wieder auf 25m hoch, wo wir uns dann in Ruhe endlich auf die Massen an kleinen und größeren Fischen konzentrieren konnten. Füssilier-Barsche umschwärmten in Heerscharen die Korallen. Anemonen-Fische verteidigten sich und ihre Gastgeber. Große Zackenbarsche patrouillierten auf und ab und Makrelen und Thunfische schwammen vorbei. Ein riesiges buntes Aquarium...
Während der, diesmal etwas längeren Oberflächenpause beobachteten wir amüsiert und teilweise entsetzt die Heerscharen an Schnorchlern, die sich aus den, zwischenzeitlich ca. 20 Tauchbooten ins Wasser "ergossen". Mit Rettungsringen und Schwimmwesten strampelten sie in knapper Badebekleidung über die Riffkante. Einige konnten es nicht unterlassen, mit den Flossen auf das Riffdach zu laufen. Sie wurden gleich zurück gepfiffen, aber der Schaden war schon angerichtet. Herzlich lachten wir auch über eine Gruppe russischer "Hightech"-Taucher, die teils mit Kreislauf-Atemgeräten, teils mit vier Flaschen Spezialgemisch behängt, sich aufmachten, einen "schönen Nachmittag" auf 20m "Tiefe" zu verbringen... Ohne Worte! Macht das denn Spaß?
Als im Wasser wieder Ruhe eingekehrt war, machten wir unseren zweiten Tauchgang, der zur Verwunderung der umliegenden Bootsbelegschaften wieder mit lauter Technomusik eingeleitet wurde... Fluch der Karibik! A good feeling!
Diesmal blieben wir gleich bei 25m Tiefe und konnten uns so besser auf die Flora und Fauna im Riff konzentrieren: Massen an Fahnenbarschen, Brassen und Drückerfischen. Wunderschöne Korallen in allen erdenklichen Formen und Farben und wieder ein Napoleon. Die für Schildkröten bekannte Stelle war leider verwaist. Dafür gab es aber beim Safety-Stopp (diesmal 10 Minuten auf 2m, hihi) jede Menge "Bikinifische" und "Bierbauchwale" über uns zu bestaunen... (Kathy: "Bilder, die man nicht in seinem Kopf haben will!").
Für den Nachmittagstauchgang ging es dann rüber ins benachbarte Gordon-Reef. Leider war hier durch den aufkommenden Wind die Sicht sehr schlecht und die vielen umher liegenden, teils leeren, teils mit Bitumen gefüllten Fässer, die irgend ein Schiff hier mal "verloren" hat, verbreiteten eine düstere Stimmung. Erst am Ende des TG, in einem schönen Becken auf 7m Tiefe, fanden wir eine riesige Muräne, die ihr Loch verlassen hatte und zwischen den Korallenblöcken umher schwamm.
Später ankerte unsere Freedom8 in einer windgeschützten flachen Bucht unmittelbar an der Tiran-Insel. In zwei Gruppen wurden wir mit dem Zodiak an Land gebracht und konnten hier, im wunderschönen Abendlicht einen Strandspaziergang machen. Herrlich, nach einer Woche wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Als wir nach ca. einer Stunde wieder an die Anlegestelle zurück kamen, hatte Ibrahim schon auf einem kleinen Kohlefeuer Kaffee gekocht, nach Beduinenart. Eine sehr nette Geste, über die wir uns sehr gefreut haben.
Aber der Abend sollte noch schöner werden... zurück an Bord sahen wir, dass Der Rest der Mannschaft schon Vorbereitungen für einen Grillabend getroffen hatte. Doch vorher wollten alle außer Kariem und Rudi noch einem Nachttauchgang machen.
Bis alle wieder zurück und trocken gelegt waren (wobei es dann doch noch zu einem schweren Treppensturz kam, der nur um Haaresbreite nicht zu Knochenbrüchen führte) war das Abendessen auch schon fertig.
Für den weiteren Verlauf des Abends hatte die Mannschaft ein nettes Programm vorbereitet: Kapitän Sayed zeigte einige Zaubertricks. Auf dem Achterdeck warf er einen Apfel in die Luft und eine Orange kehrte zurück. Großer Applaus! Auf die Frage, ob er auch eine Banane herbei zaubern könne rief er laut "Allah" an, ob er auch Bananen hätte. Die kam dann auch mit etwas Verzögerung angeflogen. Ein Wunder! Dann ließ er die Orange im Luftstrom einer Pressluftflasche tanzen und frei schweben. Wieder tosender Applaus. Auch Ibrahim hatte etwas vorbereitet. Es ging um eine Zigarette, die an einem spitzen hohen Papierhütchen mittels eines Fadens befestigt war. Es sollte nun jemand dieses Hütchen aufsetzen und versuchen, die Zigarette, die natürlich vor dem Gesicht des Trägers hin und her baumelte, mit dem Mund richtig herum einzufangen. Thorsten, der zwischenzeitlich den Spitznamen "Swelem" von der Crew erhalten hatte (weil es sich leichter aussprechen ließ) wagte es als erster. Dann wurde die Zigarette angezündet! Mit größter Behutsamkeit schaffte er es, obwohl er eigentlich Nichtraucher ist! Applaus, Applaus!!! Dann sollte Kariem es versuchen. Der geriet jedoch regelrecht in Panik, als die brennende Zigarette seinem Gesicht zu nahe kam. Hatte er sich doch nachmittags ohnehin schon verbrannt, weil er beim Rauchen eingeschlafen war... Tja, "Rauchen kann tödlich sein"! Thorstens Lachanfall mussten wir fast mit einer Papiertüte vor seinem Mund beruhigen.
Dann überraschte uns Osama, der schweigsame Schiffskoch, mit einer wunderschönen sogar mit einem Schriftzug verziert hatte. Süß! Es wurde noch viel gelacht und getanzt an diesem Abend.
7:00 Uhr Briefing zum ersten TG. Heute standen zum krönenden Abschluss noch zwei Tauchgänge am Woodhouse Reef auf dem Programm, einem lang gestreckten Riff, das zwischen den beiden Vorhergehenden liegt. Es sollte auf ca. 25m Tiefe mit Strömungsunterstützung an der langen Steilriffkante entlang gehen. Edyta musste passen weil sie Schmerzen hatte und "Swelem" blieb treu bei Ihr auf dem Boot.
Beim Abtauchen merkten wir schon, dass a) die Strömung fehlte und b) die Sicht nicht gut war. Also musste das ganze Stück gepaddelt werden, was sich natürlich im Luftverbrauch bemerkbar machte. Diesmal war es Rudi, der einen Teil des Tauchgangs am "Oktopus" des Guides verbrachte, weil er vorher permanent 2m unterhalb der Gruppe geblieben war. Also beendete er zusammen mit Kariem, dem eigentlich immer zu kalt gewesen war, 5 Minuten vor dem Rest der Gruppe den Tauchgang. Ohhh! Das gab wieder böse Buddy-Schelte...obwohl es eigentlich kein Problem darstellte.
Beim zweiten Tauchgang, der doch nicht am Woodhouse Reef sondern am Jackson Reef statt fand, blieben dann Rudi und Kariem gleich an Bord. Auch Sabine hatte keine Lust mehr auf tauchen, und so begannen wir schon mal in aller Ruhe unsere Ausrüstung mit Süßwasser zu spülen und zum trocknen auszulegen. Pünktlich um 12:00Uhr, vierundzwanzig Stunden vor dem Heimflug, war für den Rest der Gruppe (Edyta hatte sich noch einmal in das Neopren gequält) auch der letzte Tauchgang beendet.
Aber auch nach dem Mittagessen hatte noch niemand so rechte Lust, wieder an Land zu gehen; bedeutete dies doch, dass der Urlaub zu Ende war. Also blieben wir noch so lange es ging an unserem Ankerplatz liegen und versammelten uns mit allen Crew-Mitgliedern auf dem Sonnendeck zu einem Gruppenfoto. Abu Kariem hielt eine ergreifende Rede auf arabisch (sie muss ergreifend gewesen sein, weil unserem Guide fast die Tränen in den Augen standen) und überreichte das gesammelte Trinkgeld an die Mannschaft. Überschwänglich und ergriffen bedankten sich unsere neuen Freunde bei uns und wir uns bei ihnen.
Und wiedereinmal hatte sich Umbi´s (Umbarak´s) Firmen-Motto bewahrheitet: "Du kommst als Gast und gehst als Freund". Beim Anlegen in Sharksbay erklang ein letztes mal der "Fluch der Karibik" aus der Bordanlage. Dann begann das große Sortieren und Aufräumen. Wir bezogen noch einmal unsere Zimmer und erledigten den ganzen Papierkram und das Geschäftliche mit der Tauchbasis. Alles sehr korrekt und "very friendly british". Den Abend verbrachten wir wieder in dem Strandrestaurant und der Shisha-Bar, wobei diesmal die Sigi noch zu uns stieß, eine belgische Tauchlehrerin und "alte" Freundin von Rudi, die extra aus Dahab gekommen war, um ihn zu begrüßen. Sie arbeitet schon viele Jahre für Umbi und ertrug geduldig unsere Geschichten, die sie selber alle schon kannte aus ihrer Erfahrung als Tauchguide auf den Freedom-Booten.
Ab 7:00 Uhr gab es wieder Frühstück. Das Meer lag glatt wie ein Spiegel und die Luft war deutlich wärmer als an den Tagen zuvor. Na prima! Jetzt, wo wir abreisen müssen, wird das Wetter besser. Aber noch war etwas Zeit das zu genießen. Unser Shuttlebus kam erst um 10:00 Uhr. Dann wurden wir von Sigi herzlich verabschiedet und fuhren zum Flughafen. Das Übergepäck spielte hier natürlich überhaupt keine Rolle.
Echten Unterhaltungswert hatten die improvisierten Sicherheitshinweise an Bord
des Fliegers. Die Videoanlage war immer noch ausgefallen und der lispelnde Stewart
säuselte einen Text ins Mikrofon, der sogar ihn selber zum Lachen brachte:
"guten Tag meine Damen und Herrn, liebe Kinder. Herslich willkommen an Bord
unthereth wunderhübsen Airbuth A320... "...
"unter Ihren Sitsen finden thie wundersöne Swimmwethten der Marke
`Prada`... die mittels der roten Röhrchen aufgepustet werden können..."
Die Passagiere brüllten vor Lachen und gaben abschließend tosenden Beifall.
Mehr noch, als bei der Landung auf Frankfurts neuer Landebahn. Was für ein
Abschluss für diese wunderbare Tauchreise.
Rudi Hettinger, am 05.05.2012