Im Mai 2008 waren wir auf einer vierwöchigen selbstorganisierten Reise durch Kuba, wir wollten Land und Leute kennen lernen. Wenn man aber als Taucher schon mal in Kuba ist, will man natürlich auch die dortige Unterwasserwelt sehen. Es stellt sich allerdings die Frage, wo man am besten taucht, denn Kuba hat über 500 ausgewiesene Tauchplätze. Die Schatzinsel oder Jardines de la Reina kamen aus zeitlichen Gründen nicht in Frage. Nach langen Recherchen im Internet und auf Grund der von uns geplanten Reiseroute, fiel schließlich die Wahl auf Playa Larga als Einstieg ins Tauchen nach der langen Winterpause, auf Playa Santa Lucia wegen den dort vorkommenden Bullsharks und zum Schluss auf Maria la Gorda weil einfach jeder von dem angeblich zweitbesten Tauchplatz der Karibik begeistert ist.
Gegen Mittag erreichen wir den kleinen Ort Playa Larga, die Tauchbasis Octopus Club Playa Larga ist schnell gefunden.
Die Türen der Basis stehen weit offen und es ist niemand da. Nach einigen Minuten kommt Regino, der ein wenig
Englisch spricht. Über den von mir geplanten Tauchtag werden wir uns schnell einig. Wir verabreden uns für
zwei Tauchgänge am nächsten Tag, der Tauchgang kostet 30 CUC, nach Brevet oder Tauchtauglichkeitsbescheinigung
wird nicht gefragt, keine Registrierung oder sonst was.
Wir Fragen Regino nach einer Unterkunft. Er erklärt uns, dass das einzige Hotel (das von Nautilus Reisen im
aktuellen Katalog angebotene) seit über einem Jahr wegen Renovierung geschlossen ist, was auch erklärt,
dass wir die einzigen Tauchgäste sind. Er greift zum Telefon und führt einige Gespräche und findet
ein Zimmer für uns in einem Casa Particular. Da er uns den Weg nicht erklären kann, fährt er mit
uns und führt uns hin.
Als ich Regino zur Basis zurückbringe, ist es gerade mal 14:30 Uhr. Was soll man in diesem kleinen Ort bloß
den ganzen Tag machen - außer tauchen. Also Frage ich Regino, ob wir auch schon heute Nachmittag einen Tauchgang
machen können. Klar, können wir, „no problem“. Wir verabreden uns für 16:00 Uhr.
Um kurz vor vier treffe ich an der Basis ein, Regino steht mit zwei Flaschen und seiner Ausrüstung bereits davor
und wartet. Als ich anhalte, öffnet er ohne zu fragen den Kofferraum meines Wagens, schmeißt seine Ausrüstung
und die Pullen hinein, steigt ins Auto ein und sagt: „¡Vamos!“.
Nach ca. 20 Minuten fahrt in Richtung Giron erreichen wir den Tauchplatz Cueva de los Pesces. Regino macht ein kurzes Briefing
und los geht’s - mein erster Tauchgang in der Karibik. Vom felsigen Ufer geht es über einen kleinen Absatz ins
Wasser. Im Flachwasser weiß leuchtender Sandgrund mit einzelnen Korallenblöcken. In 13 Meter Tiefe liegt ein
kleiner Fischerkahn den ich durchforsche, während Regino draußen wartet. Kurz danach beginnt die Riffkante,
die in Kaskaden nach unten abfällt, dazwischen Einbuchtungen, Durchbrüche und Canyons. Wir erreichen eine Tiefe
von 28 Metern, dann tauchen wir langsam wieder auf. Mir fällt auf, dass es nur sehr wenige Fische hier gibt, da
bin ich von anderen Tauchplätzen anderes gewöhnt. Auf dem Riff sieht man sehr viele Schwämme und Weichkorallen,
eine solche Riffstruktur habe ich noch nicht gesehen.
Wieder an Land, fragt mich Regino, ob ich noch einen Nachttauchgang machen möchte. Das geht leider nicht,
denn wir haben schon eine Verabredung zum Abendessen im Casa Particular.
Ich bringe Regino zurück zur Basis und wir verabreden uns für Morgen um 9:00 Uhr.
Fazit:
Im Vergleich zu anderen Tauchplätzen ist das Tauchen im Meer in der Schweinebucht wenig spektakulär. Wie es mit
den Cenoten ist, kann ich nicht beurteilen. Trotzdem waren es für mich schöne und sehr entspannte Tauchgänge
in einer ruhigen Atmosphäre mit Exclusivguide, die ich sehr genossen habe. Vor allem der letzte Tauchgang war
etwas besonderes, wie ich im Nachhinein weiß: Ein Tauchgang über 80 Minuten ist in Kuba vollkommen ungewöhnlich,
denn nach spätestens 50 Minuten war in allen anderen von mir betauchten Gebieten Schluss, egal wie viel Luft noch in
der Flasche war.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Playa Santa Lucia. In der Tauchbasis Shark’s
Friends herrscht reges Treiben. Bevor ich nicht mein Brevet abgegeben habe, wird nicht mit
mir gesprochen. Wenn ich heute noch tauchen wolle, soll ich mich beeilen. Der Start zur
nächsten und für heute letzten Tauchausfahrt ist in 10-15 Minuten. Das
ist mir zu knapp, ich muss ja noch die Ausrüstung aus dem Auto zusammensuchen. Das
sei doch kein Problem, ich solle die Ausrüstung holen, man wird mit der Abfahrt auf
mich warten. Ich hole so schnell wie möglich meine Ausrüstung aus dem Auto, baue
sie in großer Hektik zusammen und ziehe mich an. Als ich fertig bin, sind alle anderen
Taucher bereits verschwunden. Ich beeile mich, zum Schlauchboot zu kommen und erwische es
gerade noch – ich habe nicht das Gefühl, dass sie gewartet hätten.
Am Tauchplatz Alta Gracia Wrecks angekommen erfolgt ein Briefing auf Spanisch und alles springt,
ohne Buddyteams gebildet zu haben, ins Wasser und taucht gleich ab. Ich kann den Tauchguide noch
gerade abfangen und frage ihn, ob er für mich ein Briefing in Englisch machen kann. Er sagt
ein paar Sätze auf Englisch, die für mich keinen wirklichen Sinn ergeben, springt ins
Wasser und ist verschwunden. Ich ziehe meine Maske auf und springe hinterher. Zum Glück
liegt gleich unter dem Boot in 10m Tiefe ein Wrack, so dass ich die Gruppe einholen kann.
Man ist gerade dabei einen Steinfisch mit bloßen Händen zu ärgern. Das Wrack
scheint ein wirklich altes Holzschiff zu sein, es sind nur noch Fragmente vom Rumpf zu erkennen.
Danach geht es durch einen langen Canyon an der Riffkante entlang. Auch hier gibt es, wie in
Playa Larga, nur wenige Fische, dafür aber viele Weichkorallen, Gorgonien und Schwämme.
Am Ende des Canyons gibt es ein weiteres etwas größeres Wrack. Wie ein Überfallkommando
entert die Gruppe das Schiff. Jeder Taucher sucht sich ein Loch durch das er passt und verschwindet
im Schiff. Alle tauchen kreuz und quer durchs Schiff und behindern sich gegenseitig. Nach kürzester
Zeit ist soviel Sediment aufgewühlt, dass man nichts mehr erkennen kann. Ich tue mir das
nicht an und begutachte das Schiff von außen.
Als alle ihren Forscherdrang ausgelebt haben, wird aufgetaucht. Beim Einstieg ins Boot wird es
wieder hektisch. Anscheinend gibt es einen Preis für denjenigen, der zu erst im Boot
ist, denn anders kann ich mir das nicht erklären, was hier abgeht. Alles redet wild
durcheinander und versucht, ohne Rücksicht auf Verluste, ins Boot zu kommen. Da ich keine
Nahkampfausbildung habe, halte ich mich zurück und bin der letzte, der ins Boot steigt.
Ich habe noch nicht ganz die Füße auf der Leiter, da fährt das Boot auch schon
mit voller Kraft los. Kennen die anderen das schon? Wollten sie deshalb alle so schnell ins Boot?
Ein Crewmitglied packt mich an der ersten Stufe, zieht mich hinein und holt die Leiter ins Boot.
Am Strand angekommen, nimmt die Crew die Ausrüstungen und schmeißt sie einfach über
Bord in den Sand. Glück für mich, dass ich meine Ausrüstung auf Grund des
Blitzstarts anbehalten habe.
Nach diesem Event habe ich keine Lust, hier weitere Tauchgänge zu machen. Die Bullenhaie
möchte ich mir jedoch gerne ansehen, deswegen bin ich ja eigentlich hier. Mit einem unguten
Gefühl melde mich, trotz allem, zum Haitauchgang in Montera Wreck für den nächsten
Tag an.
Der Tauchplatz Mortera Wreck wird nicht mit dem Boot angefahren, sondern mit einem Kleinbus.
Montera Wreck befindet sich nahe der Öffnung des Kanals nach Nuevitas. Hier herrscht
gezeitenbedingt immer eine starke Strömung. Daher kann hier nur in der kurzen Zeit des
Kenterpunktes der Tide für 45 bis 50 Minuten getaucht werden. Obwohl also ein gewisser
Druck herrscht, den Tauchplatz zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen, geht es heute
völlig entspannt zu. In aller Ruhe wird die Tauchausrüstung für alle zusammengestellt
und in den Bus geladen. Auch Eric, unser heutiger Tauchguide, hat die Ruhe weg und spricht
sehr gut Englisch. Irgendwann geht es los. Auf dem Weg zum Tauchplatz werden in einem kleinen
Fischerdorf noch Köderfische für die Haie gekauft. Am Tauchplatz angekommen, gibt es
ein ausführliches Briefing mit genauen Verhaltensregeln für die Begegnung mit den Haien.
Wir tauchen im Strömungsschatten eines hier liegenden Wracks ab und legen uns, wie zuvor besprochen,
in 26 Metern Tiefe auf den Boden und warten. Nach ca. 5 Minuten kommt der erste Bullenhai, ein kapitaler
Bursche und kreuzt vor uns auf und ab, holt sich schließlich bei unserm Guide einen Fisch. Es
kommen noch zwei weitere Haie dazu, fressen einen Köderfisch nach dem andern. Es ist faszinierend
dabei zuzusehen. Ein sehr beeindruckendes Erlebnis. So plötzlich wie sie gekommen sind, sind sie
auch wieder verschwunden und wir tauchen auf der anderen Seite des Wracks, die nun im Strömungsschatten
liegt, wieder auf.
Mit dem Boot geht’s raus zum Tauchplatz Escalon. Unterwegs fängt der Motor an zu stottern und
geht schließlich aus. Der Motor wird kurzerhand zerlegt, wobei einige Tauchgäste die ausgebauten
Teile zum Festhalten gereicht bekommen. Nach einigen Minuten kann es weiter gehen. Am Tauchplatz angekommen
gibt es ein anständiges Briefing in Englisch und wir werden in Buddyteams eingeteilt. Der Tauchgang
führt durch einen Canyon und erreicht in einer Tiefe von 19 Metern die Riffaußenkante an der entlang
langsam wieder aufgetaucht wird. Beim Einstieg ins Boot vermeide ich, der Letzte zu sein, was aber nicht
nötig war, denn das Boot fährt erst los, als alle an Bord sind. Die Ausrüstungen fliegen
allerdings bei der Ankunft am Ufer wieder in den Sand und die Brandung spült den Sand in jede noch
so kleine Öffnung.
Ich bezahle meine Tauchgänge, bekomme mein Brevet zurück und will gerade gehen, als Eric auf mich
zukommt. „Bist Du morgen noch da?“ fragt er. „Nein, morgen fahre ich weiter“, antworte
ich. „Willst Du nicht noch bleiben und noch einmal mit zu den Haien gehen?“ Er sieht, dass ich
unschlüssig bin und sagt: „Wenn Du morgen noch mal mitgehst, bezahlst Du nur die Hälfte,
überlege es Dir“ und geht.
Am nächsten Tag: Wir liegen nun schon seit 15 Minuten auf dem Grund, keine Haie weit und breit. Eric gibt
das Zeichen zum Auftauchen. Langsam tauchen wir durch das Wrack auf, erkunden jede Ecke. An der Oberfläche
angekommen, sagt Eric: „Sorry, no sharks today, sharks on vacation.“
Fazit:
Absolut empfehlenswert an Playa Santa Lucia ist das das Hai-light, die Haitauchgänge. Über den normalen
Tauchbetrieb möchte ich mir kein Urteil erlauben. Die Leihausrüstungen waren neu. Wenn damit
allerdings immer so umgegangen wird, wie ich es bei den beiden Tauchgängen gesehen habe, sind sie
es nicht mehr lange.
Der Weg in den äußersten Westen Kubas, nach Maria la Gorda, zieht sich. Wir brauchen länger als gedacht,
erreichen aber am frühen Nachmittag den winzigkleinen Küstenort. Von hier geht es noch einmal ca. 20 km durch
den Nationalpark an der völlig unbewohnten Küste entlang zum Hotel Maria la Gorda. Wir checken ein und bekommen
einen Bungalow im Wald, im hinteren Teil der Anlage. Geld tauschen können wir hier nicht, wir können in Euro
(zu einem schlechten Kurs) oder mit Kreditkarte (mit 11 Prozent Aufschlag) bezahlen.
Nachdem wir unsere Unterkunft bezogen haben, geht es zur Tauchbasis. Es werden verschiedene Tauchpakete angeboten.
Am Ende des Aufenthaltes wird das günstigste Paket ausgewählt. Bei mir wurde es ein Zehnerpaket, zu 185 Euro.
Eugenio war es auch, der ohne Computer und Uhr unterwegs war. Er hatte die Tiefe und die Tauchzeit auch so erstaunlich
gut im Griff. Nur einmal war er sich unsicher, da kam er zu mir und hat sich zeigen lassen, wie lange wir schon unterwegs
waren. Ab da konnte ich dann auch immer den Sicherheitsstop in 5 Metern für drei Minuten leiten. Erst wenn ich
signalisierte, dass 3 Minuten vorbei waren, wurde aufgetaucht.
Wieder auf dem Boot, wurde ich oft von den anderen aus der Gruppe nach den Daten des Tauchganges gefragt:
„Wie tief?“ „Wie lange?“ Darüber habe ich mich nur anfangs gewundert, denn schnell war klar,
dass die meisten keine eigene, sondern Leihausrüstungen hatten. An den Atemreglern gab es nur einen Finimeter
und keinen Tiefenmesser, was soll so ein Schnickschnack, den braucht man doch nicht.
Wie zuvor in Santa Lucia, so auch in Maria la Gorda: Jeder der will, wird mit auf das Boot und auch mit unter Wasser genommen,
mit oder ohne Brevet und ohne Checkdive. Wenn man Pech hat, hat man Partner in der Gruppe, die doch nicht so vertraut sind
mit der Materie wie sie selbst dachten. Das krasseste Beispiel war ein Taucher aus Deutschland. Er viel mir auf, weil er
vom Tauchguide an der Hand gehalten wurde, im Wasser hing, als ob er auf einem Fahrrad sitzen würde, wurde er
vom Tauchguide losgelassen, sackte er ab wie ein Stein. Später erfuhr ich, dass er in Deutschland ins Reisebüro
gegangen war und Kuba unter dem Motto Land und Leute gebucht hatte. Und wenn er schon mal in Kuba ist, will er auch
noch bunte Fische sehen. Also buchte er ein 10-er Tauchpaket gleich mit. Der Haken an der Geschichte: Er hatte in seinem
Leben noch nie getaucht, noch nicht einmal geschnorchelt. Als er sein Voucher in Maria la Gorda vorlegte, hat man
ihm in 20 Minuten das Wichtigste erklärt und ab ins Wasser mit ihm, gleich runter auf 25 Meter. Er war tapfer,
neun Tauchgänge hat er durchgehalten, dann hat er aufgegeben, weil man immer gegen seinen Willen weit unter
20 Meter mit ihm getaucht war. Er hatte endgültig die Schnauze voll, will nie wieder tauchen. Ich habe es vermieden,
mit ihm in einer Gruppe zu sein, denn dann gab es keine Tunnel und keine Steilwand.
Als ich mich vom Kettenraucher Eugenio verabschiede und ihm mal wieder scherzhaft sage, dass er nicht soviel rauchen
soll, weil das besser für seine Gesundheit sei, schaut der mich ganz ernst an und sagt zu mir: „Weißt
Du, wenn wir beide miteinander tauchen gehen, dann hast du am Ende des Tauchgangs die Flasche leer und ich habe noch
weit über 100 Bar drin. Und so ist das bei jedem, der mit mir taucht. Und jetzt sag Du mir, wieso das Rauchen
schlecht für die Gesundheit ist.“
Fazit:
Das Tauchen in Maria la Gorda hat mir Spaß gemacht. Ich war froh, dass ich meine eigene Ausrüstung dabei hatte,
denn das Leihequipment sah nicht nur alt und viel gebraucht aus, sondern war auch in dem entsprechenden Zustand. Es gab immer
wieder Probleme mit Undichtigkeiten an Jackets und Atemreglern (die nicht alle mit Tiefenmessern ausgestattet waren).
Das wir einen Bungalow im Wald, im hinteren Teil der Anlage hatten, erwies sich als Glücksfall. Wir hatten dadurch
zwar immer einen weiten Weg zur Tauchbasis und zum Restaurant für Frühstück und Abendessen, aber dafür
gab es viel zu sehen von der dortigen Tierwelt. Viele Vögel, darunter auch Kolibris, verschiedene Echsen bis hin zu
großen Leguanen, Frösche und das seltene endemische Nagetier Hutia Conga liefen uns dort über den Weg.
Mai ist nicht die Ideale Reisezeit für Kuba, denn es beginnt dann die Regenzeit. Am Ende des Monats
hat es jeden Tag für längere Zeit geregnet. Da es zu dieser Zeit auch sehr heiß ist, herrscht
dann ein Klima wie im Dampfbad. An der Küste ging es noch halbwegs, aber im Landesinneren wurde es
unerträglich. Auch zum Tauchen war die Zeit ungünstig. Besonders die Schwämme, aber auch
viele anderen Organismen sonderten irgendwelche Sekrete ab, was die Sicht Unterwasser beeinträchtigte.
Die vielzitierten Sichtweiten von 40-50m hatte ich nicht. In Maria la Gorda wurden einige Tauchplätze
auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse nicht angefahren.